Alt an Jahren und jung an Mitgliedern, mit unverbrüchlichen Regeln ausgestattet, die doch immer wieder aufs Neue interpretiert, mit Leben gefüllt werden: So präsentiert sich die im Jahr 1842 in Rastatt gegründete Pennälerverbindung Teutonia.

Gut 200 Mitglieder jeden Alters umfasst der Freundschaftsbund, der sich überwiegend aus den vier oberen Klassen der Rastatter Gymnasien rekrutiert und mit den Rastatter Schwesterverbindungen Markomannia und Germania konkurriert. Alle drei sind Mitglieder des Pennälerkartells Baden, unter dessen Dach derzeit 9 Schülerverbindungen aus dem gesamten badischen Raum zwischen Bruchsal und Freiburg gedeihen.

Verbindendes Motiv ist das Prinzip der Freundschaft, die "amicitia". Hilfsbereitschaft nach innen und Solidarität gegenüber Außenstehenden kennzeichnet das Verhältnis zwischen den Bundesbrüdern, ein Einstehen füreinander, das auch in Zeiten begründet liegt, als Verbindungen von der Obrigkeit verbotene Schicksalsgemeinschaften waren. Teutonia selbst bewegte sich mehr als 80 Jahre ihrer Geschichte im "illegalen" Bereich, durchlebte Zeiten der Entdeckung und Neugründungen (1845, 1880er, 1914), des Verbots durch die Nationalsozialisten (1935) und immer wieder der Wiedergründung und Erneuerung (1873, 1901, 1923 und 1952).

Die Gemeinschaft des Bundes währt, vom Eintritt im Schüleralter an, ein Leben lang. Der Lebensbund knüpft die Freundschaften quer durch die Generationen. Dass bei der Pflege dieser Freundschaft das Interesse an den Wissenschaften, der Kunst und der Kultur eine Rolle spielt, liegt bereits in den Rekrutierungskonditionen dieses reinen Männerbundes begründet: Wer der Teutonia Treue schwört, muss Schüler eines Rastatter Gymnasiums sein oder gewesen sein.

Diese Schüler, Aktivitas genannt, machen zahlenmäßig gegenüber den Alten Herren allerdings den weitaus kleineren Teil aus. Gleichwohl obliegt der "Jugendabteilung" der Verbindung die Organisation und Durchführung der meisten Veranstaltungen. Der Weg zu Veranstaltungen, Personalentscheidungen oder Anschaffungen führt dabei stets über Gremien mit demokratischen Spielregeln. Konvente regeln die inneren Angelegenheiten des Bundes.

Strikte Wertmuster nach innen, aber auch feste Vorstellungen, was die Wirkung nach außen angeht: Dem Verbindungsleben liegt ein Ehrbegriff zugrunde, der verantwortliches gesellschaftliches Engagement ausdrücklich bejaht. Mitglieder der Verbindung akzeptieren im Privat- wie Berufsleben die geltenden gesetzlichen und moralischen Grenzen. Die Pennälerverbindung Teutonia versteht sich nicht als politsch-weltanschauliche sondern als gesellig-gesellschaftliche Vereinigung. Ein im freimaurerischen Bereich wurzelnder Toleranzbegriff, ein hohes Maß an Liberalität, ein von nationalistischen Anwandlungen entstaubter Vaterlands- und Heimatbegriff und das Ideal vom "Dienst an der Gemeinschaft" fügen sich zusammen zu einer überkonfessionellen, politisch neutralen und übernationalen Grundeinstellung.

Das Politikverständnis der Teutonia fußt ohne Kompromisse auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ein Teutone muss weder Wehrdienst leisten, noch einen deutschen Pass haben, lässt sich der Unterschied zu mancher rechtslastiger Studentenverbindung auf den Punkt bringen. Hier wird auch deutlich, dass es sich bei der Pennälerverbindung keineswegs um eine "kindische" Nachahmung des akademischen Korporationswesens handelt, sondern um einen völlig eigenständigen Teil der deutschen Jugendbewegung.

Band, Mütze und Zipfel in den Verbindungsfarben Rot, Weiß und Grün machen die Bundesbrüder bei besonderen Anlässen nach außen als Teutonen erkennbar und legen ein Verhalten nahe, das den Idealen der Verbindung entspricht. Im Inneren stiften überdies der Zirkel, der Wahlspruch "Einer für alle, alle für einen", der auf dem Umgang mit dem Kneipstoff Bier beruhende Verhaltenskodex "Komment" und nicht zuletzt das Farbenlied den Zusammenhalt, das "Wir-Bewusstsein".

Der Komment, im Grunde eine Sammlung festgelegter Verhaltensregeln, ist ein Instrument, das zu spielen Spontanität, Regelkenntnis und Witz erfordert. Es ist eine spielerische, augenzwinkernde Auseinandersetzung mit hierarchischen Strukturen, es ist - durch die freie Rede vor großem Publikum - für die handelnden Aktivenvorstände, die Chargierten, eine exzellente Vorbereitung auf spätere Herausforderungen.

Ideale und Symbole wären allerdings bloße Hülsen ohne die gleichzeitig bewahrende und verändernde Kraft des Bundeslebens. In dutzenden Veranstaltungen im zwei Semester umfassenden Jahresablauf - von der Vorstandssitzung über die Konvente der Füchse, Burschen, Aktiven, Alten Herrn über die Kneipen, Besichtigungen, Vorträge, auswärtige Besuche bis hin zu den "Highlights" Stiftungs- und Weihnachtskommers ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Korrespondierend mit familiären Änderungen, beruflicher Entwicklung und dem Wegzug aus der Rastatter Umgebung wandelt sich im Verlauf des Verbindungslebens die Art der Verpflichtung gegenüber dem Bund. Eine mit Arbeits-, Amts- und vor allem Anwesenheitspflicht durchwirkte Aktivenzeit weicht der Beitragsverpflichtung, die aber von der regelmäßig "grassierenden" Lust am Wiedersehen alter Freunde und Lust an der Pflege couleurstudentischen Brauchtums begleitet wird.

Gleichwohl: Aller Anfang ist schwer. Der Teutone beginnt seine Verbindungslaufbahn als Fuchs, als minderberechtigtes Mitglied auf Probe, steigt über Mitarbeit, prinzipientreues Verhalten und Prüfungen zum aktiven Burschen auf, wird nach dem Schulabschluss inaktiviert und erwirbt nach absolvierter Berufsausbildung den Status des Alten Herren. In besonderen Fällen erlaubt die Satzung, Personen, die sich über einen längeren Zeitraum um die Verbindung verdient gemacht haben, ehrenhalber in die Verbindung aufzunehmen.

Alte Herren (AHAH) wie Aktivitas (Füchse, aktive und inaktive Burschen) wählen jeweils eigene Vorstände, die als Exekutivorgane der Verbindung fungieren. Beide Vorstände, angeführt vom Aktiven-Senior und dem Altherrenvorsitzenden bilden den Gesamtvorstand der Teutonia. Analog bilden Aktiven-Konvent und Altherren-Konvent laut Satzung den Gesamtkonvent der Verbindung.

Status, Rechte, Pflichten, Ideale und Symbole allein vermögen den besonderen Reiz der Zugehörigkeit zur immerhin zweitältesten Pennälerverbindung der Welt nicht entschlüsseln. In der Satzung wird als Grundlage der Freundschaft das gemeinsame Jugend- und Bildungserlebnis genannt. In der Tat sind es das "kämpferische" Miteinander in der Oberstufe (Teutonia "keilt" ihre Füchse ab Klasse 10), die ersten zarten Bande zum anderen Geschlecht und die allmähliche Loslösung vom Elternhaus, die bei Aktiven einen individuell unterschiedlichen aber insgesamt doch auch sehr ähnlichen Problemkontext und damit eine sehr emotionale Gruppenbindung schaffen.

Ort der geselligen Zusammenkunft ist dabei die Kneipe oder der Festkommers in der "Verbindungskonstanten". Im mit Verbindungsfahnen geschmückten Lokal verbringt der Bundesbruder den Abend mit anregenden Gesprächen, singt Studentenlieder, lauscht seinerseits Reden und Musikvorträgen und erfreut sich sowohl des aus dem Komment geborenen geistreichen Wechselspiels der "Präsiden" als auch der euphorisierenden Wirkung des Kneipstoffs Bier. Ja, natürlich, die Mehrheit der Kneipanten spricht dem Gerstensaft zu, doch nicht mehr, als das bei Veranstaltungen außerhalb der Verbindung der Fall ist. Zudem schäumt in der Autofahrer Gemäß fast schon traditionsgemäß die Variante Alkoholfrei oder es sprudelt das tiefbraune Cola. Hochprozentiges ist derweil auch beim Rest der Kneipcorona streng verpönt.

Lustig sein und auseinander gehen bis zum nächsten Mal: Den hohen erzieherischen und musischen Ansprüchen der Pennälerverbindung Teutonia genügt das nicht. So haben in den vergangenen Jahrzehnten Publikationen zu verbindungsspezifischen, aber auch beruflichen Fachgebieten stets ihren Platz im Ereigniskalender gehabt. Sogar eine selbst aufgenommene Schallplatte steht in der Reihe der Veröffentlichungen. Teutonia verfügt nicht nur über ein quellennah erarbeitetes "Teutonenbuch", das sich als bedeutender Beitrag zur Geschichte des Gymnasiums und der Stadt Rastatt begreift.

Die Verbindung besitzt seit etwa zehn Jahren einen eigenen fast 300-seitigen Komment und bringt in regelmäßigen Abständen aufwändig gestaltete Broschüren (Teutonenbriefe) heraus, die ein "Großereignis" in Erinnerung behalten. Zuletzt war dies im Jahr 1999 der große Freiheitskommers anlässlich des 150. Jahrestags des Scheiterns und der Niederschlagung der Deutschen Revolution 1849. Seit 1978 hält das zweimonatlich erscheinende Teuto-Info weltweit verstreuten auswärtigen "Roten" über die Geschehnisse im Bund auf dem Laufenden. Eine wachsende Rolle, gerade unter den jüngeren Mitgliedern spielt seit etwa einem Jahr die Internetpräsenz der Verbindung.

Das umfangreiche Teutonenarchiv beherbergt in eigens angemieteten Räumen nicht nur alle verfügbaren Verbindungsdokumente und Originalgegenstände. Hier findet sich auch eine reichhaltige Couleurkartensammlung und Literatur zur Studenten-, Stadt-, Landes- und Schulgeschichte. Dass dazu die Teutonen als Vortragende und Vorsitzende, von den Freunden des Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums bis zur dortigen Schülermitverwaltung, im Stadtrat und in vielen Vereinsehrenämtern Engagement und Sachverstand einbrachten und einbringen, gehört zum facettenreichen Bild der Teutonia ebenso dazu.